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Inverse Probability Treatment Weighting (IPTW)– kurz erklärt
In nicht-randomisierten Studien, wie z. B. in vergleichenden Real-World-Studien, können die klinischen, demografischen und sozialen Merkmale der Patientinnen und Patienten zwischen verschiedenen Behandlungsgruppen ungleich verteilt sein. Diese Ungleichheiten (Störgrößen bzw. Confounder) können einen Einfluss auf die Therapieentscheidung und letztlich das Outcome haben und müssen − mit Hilfe anerkannter statistischer Methoden − ausgeglichen werden.1,2
Das lässt sich beispielsweise durch die statistische Methode „Inverse Probability Treatment Weighting“ (IPTW) erreichen: In einem ersten Schritt wird der Propensity Score (PS) berechnet. Dieser liegt zwischen den Werten 0 und 1 und gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Patient oder eine Patientin aufgrund verschiedener individueller Charakteristika eine bestimmte Intervention erhält.3 Auf Basis dieser Berechnung werden dann weitere statistische Methoden wie das IPTW angewendet, um Strukturgleichheit zwischen den zu vergleichenden Gruppen herzustellen. Dabei werden die Teilnehmenden anhand ihres PS gewichtet. Diese Gewichtung erfolgt mit dem Kehrwert des PS jeder Patientin/jedes Patienten: Für die Interventionsgruppe gilt dann 1/PS, für die Kontrollgruppe 1/(1-PS).
Dazu ein Beispiel: Angenommen in Gruppe A ist der Anteil der Brustkrebspatientinnen und -patienten mit einer kardiovaskulären Begleiterkrankung geringer als in Gruppe B. Patientinnen und Patienten mit dieser Begleiterkrankung haben eine Wahrscheinlichkeit von nur 25 % die Behandlung A zu erhalten, der PS beträgt also 0,25. Um dieses Ungleichgewicht in der Verteilung der kardiovaskulären Begleiterkrankungen zwischen den Gruppen A und B auszutarieren, muss jede/r Patient/in der Gruppe A stärker gewichtet werden, und zwar mit dem Kehrwert des PS. Somit erhält jede/r Patient/in mit kardiovaskulärer Begleiterkrankung der Gruppe A ein größeres Gewicht mit 1/0,25 = 4. Für die Patient:innen mit kardiovaskulärer Begleiterkrankung der Gruppe B ergibt sich nach der Formel 1/(1-PS) ein entsprechender Wert von 1/(1-0,25) = 1,33.4–6
Durch die Umgewichtung der Teilnehmenden ergibt sich eine Pseudopopulation, in der die Verteilung der berücksichtigten Merkmale zwischen den Behandlungsgruppen ausgeglichen ist (Abb. 1).6,7 Bei der Gewichtung kann es jedoch vorkommen, dass einzelne Patientinnen und Patienten ein extrem großes Gewicht bekommen, da für sie sehr kleine (nahe 0) oder sehr große (nahe 1) PS-Werte geschätzt werden. So können diese Patientinnen und Patienten einen starken Einfluss auf die Schätzung des Therapieeffekts haben. Um die Stabilität zu erhöhen und eine adäquate Schätzung des Therapieeffekts zu erhalten, kann das errechnete Gewicht mit dem Anteil der Patientinnen und Patienten in der jeweiligen Gruppe multipliziert werden (stabilized IPTW (sIPTW)).4
Abb.1: Darstellung Cox-Regressionsmodell
Das IPTW geht auch mit Limitationen einher. Die Anwendung kontrolliert nur bekannte und gemessene Confounder. Somit besteht die Möglichkeit, dass nicht alle relevanten Patientencharakteristika bekannt sind oder systematisch erhoben wurden und daher nicht abgebildet werden können.
Fazit
Statistische Methoden wie das IPTW spielen in Real-World-Studien eine wichtige Rolle, um unterschiedliche Patientenmerkmale zwischen den Behandlungsgruppen auszugleichen und dann aussagekräftige Schlussfolgerungen über die Therapieeffekte ziehen zu können
Wollen Sie mehr wissen? Im Video wird die IPTW anhand der Studie P-REALITY X anschaulich erklärt [zum Video]. In dieser Studie wurde die Wirksamkeit von Palbociclib + Aromatase-Inhibitor (AI) vs. AI untersucht. Dazu wurden 2.888 Patientinnen und Patienten mit HR+/HER2- metastasiertem Brustkrebs in die Studie eingeschlossen.9
Referenzen
1. Stürmer T, et al. J Intern Med. 2014;275(6):570–80.
2. Austin PC. Int J Biostat. 2009;5(1):13.
3. Wilke T, et al. Präv Gesundheitsf. 2022. Online abrufbar unter: https://link.springer.com/10.1007/s11553-022-00979-5 (zuletzt abgerufen am 27.10.2023).
4. Pezzi A, et al. BMC Med Res Methodol. 2016;16(1):150.
5. Kuss O, et al. Dtsch Arzteblatt Int. 2016;113(35–36):597–603.
6. Chesnaye NC, et al. Clin Kidney J. 2022;15(1):14–20.
7. Elze MC, et al. J Am Coll Cardiol. 2017;69(3):345–357.
8. Yoshida K, et al. Epidemiology. 2017;28(3):387–95.
9. Rugo HS, et al. NPJ Breast Cancer. 2022;8:114
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